Feierabend - Lächeln - Text

tl_files/images/Feierabend Laecheln Titel Chart.jpgFeierabend – Rückkehr zum Lächeln

Die heutige Meditation gehört zu der Reihe

„Feierabend – Die Arbeit aus der Hand legen“, die Ende 2021 in der Werkstatt Spiritualität entstand. An allen Abenden geht es um das Gleiche: Den Feierabend als einen Übergang vom alltäglichen Bewusstsein in ein nicht-alltägliches Bewusstsein zu nutzen.

Wir können den Übergang auch als einen Wechsel von außen nach innen beschreiben. Die Person, die der Alltag fordert und die er aus uns macht oder zu machen droht, bleibt zurück. Die Person, die wir von innen her sind, tritt hervor. Zu ihr gehört das Lächeln. Darum heißt der Untertitel:

Rückkehr ins Lächeln. Feierabend als die Chance, ins Lächeln zurückzukehren.

 

Was ist das für ein Lächeln?

 

Wir suchen nach der Quelle des Lächelns in uns und nehmen das Lächeln des Buddha als Ausgangspunkt. Das Bild stammt aus einer Tempelanlage in Thailand. Ein Buddha-Kopf im Wurzelgeflecht eines Baumes. Bei mir rief das Foto sofort Zustimmung hervor. Ja, solche Lebensgewissheit hätte ich gern. Bei all dem, was im Außen auf mich einstürmt, in solchem Lächeln bleiben zu können. Das wünsche ich mir. Und dann wird plötzlich aus dem bedrängenden Holz und dem ruhigen Lächeln ein Kunstwerk. Jetzt ist das Bedrohliche der Baumwurzeln weg. Jetzt sind sie ein Rahmen für das Gesicht, der die Gelassenheit noch deutlicher hervortreten lässt.

 

Wir finden unseren Meditationssitz.

 

Was ist das für ein Lächeln.

 

Es ist kein lautes Lächeln und ganz sicherlich kein ironisches. Es ist sanft. Es ist unaufdringlich. Es ruht im Innen. Es hat keine Absicht nach außen. Der Sitzende ist in einer feinen, leisen Weise zufrieden. Wenn man sich vorstellt, der Sitzende würde in sich ruhen und zugleich die Vorgänge im Außenwahrnehmen, hätte dann dieses Lächeln etwas Spitzbübisches? Ich sehe euch, aber ich lächele in aller Ruhe über das, was ihr tut. Hat es etwas von einer spitzbübischen Gelassenheit? – Naja, vielleicht nicht ganz, aber eine gewisse lächelnden Distanz zu den Dingen der Welt, auch zu den Baumwurzeln, die da um ihn herum wachsen, ist da schon mit dabei.

Bleib doch bitte noch einen Augenblick dabei, das Faszinierende andieser Bildkomposition versuchsweise in Worten zu fassen. Tauchen bei Euch noch andere Worte auf?

Pause

Ein Teilnehmer am Meditationsabend sagte: Lächeln, Präsenz, Ewigkeit.

Wir gehen auf eine tiefere Ebene der Wahrnehmung. Wir schließen die Augen. Wir gehen ins Spüren, stimmen uns zunächst technisch ins Spüren ein. Wir spüren, wo der Sitz oder die Unterlage uns berührt. Nur feststellen. Da und da spüre ich die Berührung. Spüren ist eine tiefere Bewusstseinsebene als Denken. Es könnte sein, dass sich in unserem Leib ein Sinken abbildet. Wie loslassen. Lassen. Gelassenheit. Wie Hinuntersinken in tiefere Bereiche; auch körperlich tiefere Bereiche.

 

Und jetzt – unsere Augen bleiben geschlossen - spüren wir bitte zu dem meditierenden Buddha hin. Im Spüren entsteht Resonanz. Du spürst, wie er schwingt. Vielleicht geschieht es, dass Du den Meditierenden sogar von innen erleben kannst. Wie schwingt er innerlich? Vermutlich taucht zunächst einfach ein Lächeln auch auf Deinem Gesicht auf. Aber das, was da im Spüren auf uns zukommt, beschränkt sich nicht nur auf unser Gesicht. Es breitet sich aus, auch nach unten hin. Verändert unser Gestimmt-Sein. Was ist das für eine seltsame Realität, an der wir jetzt teilhaben?

 

Im Leib des Meditierenden da drüben sind keine Knoten, sind keine Verspannungen. Entspannte Gelassenheit geht einher mit einer wunderbaren Klarheit im ganzen Innenraum. Wie durchsichtige Luft ist es bei mir, etwas dichter als Luft, wie durchsichtiges Plasma. Wie klares Wasser war es bei einer Teilnehmerin. Diese Qualität breitet sich im ganzen Innenraum aus.

 

Wenn der Buddha da drüben tatsächlich in dieser Klarheit schwingt, was ist mit dem Außen? Kann er das Außen wahrnehmen? Das Wachsen der Wurzeln, die Menschen und ihre Geschäftigkeit? Prüf das doch bitte nach. Du ahnst eine solche Klarheit in deinem Innenraum. Du schaust nach außen. Geht das? Ja, das geht - ahnend.

 

Wie geht es dir mit dem Außen? Wirst du berührt von dem Getriebe da draußen? – Nein, es berührt mich nicht. Ich nehme wahr, aber ich bin nicht betroffen. Das ist als wäre in uns der Persönlichkeitsanteil, der sich gewöhnlich leicht betroffen fühlt und leicht in Aufregung gerät, im Augenblick verstummt. Als wäre das, was wir unser Ego nennen, im Augenblick verstummt.

 

In einem seiner Bücher begegnet Herrmann Hesse einem Buddha. Er nennt ihn einen Vollendeten. Vermutlich ist die innere Realität eines Erleuchteten noch ganz anders, als wir sie mit unserem Spüren ahnend erfassen können. Die großen Mystiker aller spirituellen Traditionen weisen darauf hin, dass da am Ende eine Wirklichkeit ins Spiel kommt, die in Worten nicht ausgedrückt werden kann, die auch nicht mit innerem Auge geschaut oder als Gefühl erspürt werden kann. Insofern wissen wir, die noch nicht Vollendeten, nicht wirklich, was für eine Quelle und Wirklichkeit in der letzten Tiefe oder Höhe wirklich hinter dem Lächeln steht.

 

Von daher wissen wir auch nicht, wohin der Übungsweg, den wir mit unseren Meditationen zum Feierabend gehen, letztendlich zielt. Aber dass er eine lebenswerte Qualität in uns erweckt wird, das weiß ich. Jetzt, in diesem Moment ist sie da. Zumindest ahnungsweise. Vielleicht bleibt sie eine Weile auch über unsere Meditation hinaus? Vielleicht geht sie morgen auch mit uns in den Tag? Wir können es ja in der Vorstellung einmal vorwegnehmen. Wir gehen im inneren Bild in der Kraft des Lächelns beispielsweise in eine Szene hinein, die uns heute am Tag nicht leichtfiel. Probieren wir es aus. Geht mit uns in diese Szene hinein etwas wie eine spitzbübische Heiterkeit?

Pause

Wie dem auch sein. Wir kehren bitte aus der Szene zurück in unsere Feierabendmeditation. Zurückkehren in den Raum des Lächelns. Und kosten die Schwingung und die Zeit aus.

 

Bis zum Gong sind es noch vier Minuten. Nach dem Gong kommt von mir noch ein abschließender Segenswunsch.

Pause

Gong

 

Ich wünsche euch und mir, ich wünsche uns, dass die Kraft des Lächelns mehr und mehr ein Teil unseres Seins ausmacht. Ich wünsche uns, dass die Person, die wir von innen her sind und zu der das Lächeln gehört, zunehmend stärker unsere Alltagsperson begleitet, sie durchdringt oder zunehmend liebevoll umfängt. 

 

Autor und Sprecher: Volker Schmidt

Veröffentlicht: November 2021

Gesprochene Fassung: https://youtu.be/_Psxa0et3EU

 

 

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