Unsere Geschichte

Stand: 5. Febr. 2014

 

Geschichte der Werkstatt Spiritualität, erzählt von Volker Schmidt

 

Die Werkstatt Spiritualität entstand aus einer seltsamen Konstellation von äußeren Umständen. Nach meiner Rückkehr aus den Philippinen hatte ich etliche Jahre als Studienleiter an einer Evangelischen Akademie gearbeitet. Meine philippinischen Erfahrungen, über die ich im Nachtrag unten detaillierter berichte, hatten mir eine gute Basis für entwicklungspolitische Bildungsarbeit, für Vorhaben im interkulturellen Dialog mit Asien und nicht zuletzt für den Bereich "Meditation und Spiritualität" gegeben. Es war eine gute Zeit und insofern bedauerte ich es zunächst, dass diese Arbeit eingeschränkt werden sollte.

Aus Sparzwängen heraus nötigte mich die Kirche 1995 - oder gabe mir die Chance –, meine Arbeit für die nächsten sieben Jahre um 25% zu reduzieren, sofern ich zugleich bereit war, danach in den vorzeitigen Ruhestand zu gehen. Kurz zuvor hatte meine philippinische Ehefrau Lydia Orben-Schmidt ihre leitende Position in der Frauenanstiftung – einer der Teilstiftungen der Partei der Grünen – aufgegeben, weil diese nach Berlin umzog, um mit den anderen Teilstiftungen zur Heinrich-Böll-Stiftung zu verschmelzen. Die Reduzierung von zwei Stellen auf eine 75%-Stelle empfanden wir zwar als unangenehm, aber auch als große Herausforderung. Und im Nachhinein erwiesen sich diese Umstände als ein großes Glück.

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In relativ kurzer Zeit entwickelten wir im freiberuflichen Bereich das Profil der Werkstatt Spiritualität.


  

Wertvolle Unterstützung von Freunden

 

Freunde unterstützten das Vorhaben nach Kräften. Zum Beispiel der chinesische Maler Chang Haoda. Zur damaligen Zeit gab er in der Evangelischen Akademie einen Kurs in chinesischer Tuschmalerei und Philosophie. Eines Tages kam er zu mir und überreichte mir eine kleine Grafik mit den Worten: "Das ist Dein Logo. Es verbindet Östliches und Westliches miteinander. Da ist das A und das O, die christliche Symbolik für Anfang und Ende. Da ist das Kreuz, aber nicht in den geraden Linien des Abendlandes, sondern nach asiatischer Art, wo die gerade Linie in die Krümmung zurück genommen wird. Und da ist die Flamme, die beide Kulturen als Symbol der Inspiration kennen. Das bist Du."

 

Rainer Nackenhorst entwickelte die Datenbank, die bis heute zuverlässig die Adressen der "Kunden" der Werkstatt und ihre Anmeldungen verwaltet.

 

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Aus einem tiefen Verständnis für spirituelle Symbolik heraus zeichnete Peter Kropp Grafiken für die einzelnen Programme der Werkstatt Spiritualität, z.B. die Kosmosgrafik, in der die Symbole des Firmaments sich miteinander zur kosmischen Harmonie zusammenfinden. Der Betrachter wird in die kosmische Harmonie hineingenommen. Es ist eine Ahnung von dem einen Licht hinter allem, von der nicht-dualen Dimension hinter allen Erscheinungen. Oder: Es strömen Weite und Unendlichkeit aus der Tiefe des Bildes auf uns zu und zugleich sind wir gehalten von dem Kreisrahmen aus Sternen und Mondschale.

 

 

Zugänge zur Präsenz

 

Pastorenfreunde zogen Lydia und mich in ihre Arbeitsfelder hinein. Auf diese Weise gestalteten wir drei Jahre hintereinander eine Fortbildungswoche für Pastoren und Pastorinnen in Loccum: Zugänge zur Stille, gottesdienstliche Handlungen wie das Segnen und Rituale wie die Taufe von ihrer energetischen Seite her erleben und verstehen, Zugänge zur Präsenz.

Präsenz: Mit dem ganzen Bewußtsein im Leib sein. Ganz und gar da sein und nicht in Gedanken zugleich auch noch woanders. Auch über sich selbst oder den Ablauf des Gottesdienstes nachzudenken, ist eine Art, nicht ganz da zu sein. Lydia hatte aus der Schwertform des TaiChi einen Schwert-Tanz entwickelt, den sie zu entsprechender Musik vor den Pastoren und Pastorinnen praktizierte. Als Kommentar von Seiten der Seminarteilnehmenden kam die Bemerkung: "Wenn wir in solcher Präsenz zum Altar gehen würden, wäre der Gottesdienst im Kern schon gelaufen."

 

 

Asiatische Spiritualität: Körperbewegung als körperliches Gebet

 

Lydias Bereich war, ihr asiatisches Erbe einzubringen. Präsenz in Bewegung, im meditativen Tanz, im TaiChi, im Ritual. Ein ganz wesentlicher Teil ihres asiatischen Erbens war, dass sie in viel intensiverer Weise in ihrem Leib präsent war, als westliche Kultur das zu vermitteln weiß. Präsenz in der Körperbewegung als ein Ausdruck der eigenen Geistigkeit oder / tl_files/images/Liclic-Conques-TaiChai170x208.jpgund zugleich als Weg, einzutauchen in den Heiligen Geist. Körperbewegung als körperliches Gebet. Das ist ein hoch interessantes Erbe. Denn in diesem Vollzug hört das denkende oder gesprochene Beten und Bitten auf und es beginnt die energetisch-leibliche Erfahrung des Eintauchens in die Transzendenz oder die Erfahrung, dass die dem Leib immanente Transzendenz erwacht und gefühlt wird. Wir konnten das damals nur unzureichend in Worte fassen.

- Conques 2008

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Zu verschiedenen Themen unserer Seminare oder Reisen entwickelte sie Gebärden oder Tanzformen. So hatte ich z.B. eine lange Serie von Meditationsabenden zum Konzept von Karlfried Graf Dückheims "initiatischem Übungsweg" entworfen. "Initiare meint: das Tor zum Geheimen öffnen." (Meditieren - wozu und wie?, Herder, Freiburg iBr. 1993, Seite 16) Lydia suchte eine passende Musik und konzipierte eine geschritten-getanzte Gebärde, die sie "Das Geheimnis" nannte.

 

 

Hospizarbeit und Coaching

 

Von zwei verschiedenen Seiten wurden wir in die Fortbildung im Bereich der Hospizarbeit hinein gezogen. Das war ein deutlicher Schritt hinaus über die bisherige Arbeit im engeren Umfeld der Kirche. Und es ging – wie bei den Pastoren – darum, Spiritualität als eine Ressource erfahrbar zu machen, die die beruflichen bzw. ehrenamtlichen Arbeitsvorgänge vertieft und stärkt. Spiritualität, die sich im Alltagsvollzug bewährt und ihn verändert: Das empfanden Lydia und ich als besonders reizvolle Herausforderung, und dieses Feld erweiterte sich zunehmen. Es entstand eine Arbeitsgemeinschaft von Therapeuten und Therapeutinnen mit spirituellen und energetischen Interessen. Und die Ausweitung dieser Spur setzte sich fort, als Conzendo – ein Institut, das integrale Coaching-Ausbildung anbietet – mich bat, regelmäßig in einem der letzten Teile ihrer Ausbildungssequenz mit zu unterrichten. Das Themenfeld hier ist die "transpersonale Dimension im Coaching" und "Spiritualität als Ressource im Coaching".

 

Parallel zu dieser Ausweitung nahmen auch immer mehr Menschen aus der Wirtschaft, dem IT-Bereich und der Industrie mein spirituelles Coaching in Anspruch.

 

 

Bergende Harmonie romanischer Kirchen

 

1999 tagten wir erstmals und tagen seitem immer wieder mit wechselnden Vorhaben in romanischen Klöstern und Kirchen. Wir entdeckten sie tl_files/Germ_W-Krypta_Jarosch250x165.jpgals Orte, in denen wir auf wieder andere Weise "vom Geheimen" berührt werden. Wir sind in ihnen zu Gast in einer Architektur, die vor ca. 1230 gebaut wurden. Ein uraltes, vor-aufklärerisches Verständnis von einer umfassenden kosmischen Harmonie spricht aus ihren Mauern, Säulen, Bögen, Räumen und Symbolen: Bergende Erdverbundenheit; der Mensch wird über ihre Atmosphäre hineingenommen in einen Einklang mit sich selbst und mit allem. Das ist, als werde uns von diesen Räumen ein verloren gegangener Wesensteil von uns selbst wieder in Erinnerung gebracht. Unsere Suche nach solchen Räumen und nach ihrer geheimnisvollen Botschaft führte und führt uns mit Seminaren zum Ratzeburger Dom, nach Jerichow bei Tangermünde, nach Vezelay in Burgung, nach St. Antimo in der Toskana, nach Conques in Südfrankreich, nach Bursfelde und Lippoldsberg an der Weser und an andere Orte mehr.

>>Details / Bilder (Baustelle) 

 

 

Mit dem 1. September 2003 schied ich ganz aus dem kirchlichen Dienst aus und konnte jetzt meine Zeit ganz der Werkstatt Spiritualität widmen.  

 

 

Begegnung mit offenem Herzen

 

Am 1. Mai 2007 feierten wir ihr siebenjähriges Bestehen mit einem Tag unter dem Titel "The Best of Werkstatt Spiritualität". Der Zeitpunkt war etwas willkürlich gewählt. Die Anfänge freiberuflicher Arbeit gehen weiter zurück. Aber um das Jahr 2000 sind Programm, Flyer sowie Webseite und damit das äußere Auftreten der Werkstatt eindeutig konsolidiert.

 

Das Programm der Jubiläumsfeier spiegelt den damaligen Stand unserer Inhalte und Formen wider: tl_files/Kropp-Fenster3_150x150.jpg
Bewegungsmeditation, Vortrag "Von dem Wahrnehmen von 'Energien' bis zu den Bildern der Seele", geführte imaginative Mediation, Mittagessen im Stil eines gemeinsamen Büffets (alle hatten etwas mitgebracht), TaiChi-Schwerform von Lydia und Gruppenarbeit zu verschiedensten Zugängen zur inneren Erfahrung, Segensmeditation. Wer mag, kann in das Programm von damals hineinschauen.

Es kamen um die 60 Menschen zusammen. Viele kannten sich, viele nicht. Es entstand sofort und ohne besonderes Zutun die wunderbare Atmosphäre, die wir aus den Seminaren und Meditationsabenden kannten: Man begegnet sich – ob man sich kennt oder nicht – mit offenem Herzen und mit der Erwartung, dass Gutes zwischen uns entstehen wird. Konfessionelle oder nicht-konfessionelle Hintergründe sind dabei eher bereichernd als trennend. Man weiß, dass man sich persönlich freimütig öffnen kann, aber nicht muss. Es ist, wie in einem Geist leben und meditieren und wachsen. Und es geht nicht ums Intellektualisieren; "Durchlässigkeit erleben und gewinnen" hat eine Teilnehmerin einmal zu dieser Atmosphäre gesagt. Diese Atmosphäre scheint sich regelmäßig einzustellen, wenn ein paar von uns zusammen sind. Vielleicht hat sich in der Werkstatt so etwas wie eine eigene Energie(form) oder ein eigener "Geist" entwickelt; vielleicht so etwas, was die östlichen Traditionen ein "Vehikel" oder die westlichen ein "irdenes Gefäß" des Geistes nennen. Jedenfalls ist da verlässlich eine tiefgründig-freiheitliche, brüderlich-schwesterliche Atmosphäre anzutreffen.

>>Das Programm von damals

 

 

Abschied von Lydia Orben-Schmidt 

 

Im Februar 2009 starb Lydia Orben-Schmidt. Fünfeinhalb Jahre Krebszeit hatten wir durchschritten. Eine Zeit großer Tiefe und Reifung, sowohl für Lydia wie für mich. Sie blieb all diese Zeit bei Ihrer Arbeit in der Werkstatt, nur die letzten drei Monate vor ihrem Tod musste sie sich endgültig daraus zurück ziehen. Sie bat frühzeitig Katja Teichert in den Phasen, wo die Chemotherapie sie außer Gefecht setzte, einen Teil ihrer Arbeit (d.h. sakralen Tanz, Körperarbeit und Gebärde) zu übernehmen. Und wenn sie gelegentlich zu einem Seminar nicht mitkommen konnte, erwies es sich, dass sich umgehend unter den Teilnehmenden Menschen fanden, die die Lücke mit ihren Möglichkeiten füllten. 

 

"Was ist das für ein Glück, dass uns so viele Menschen erlauben, sie in ihren Entwicklungsprozessen zu begleiten!", hatte Lydia oft gesagt. Viele, viele begleiteten sie nun ihrerseits. Bei ihrer Aufbahrung im Beerdigungsinstitut reichte der Platz kaum aus. Beim Abschiedsgottesdienst waren wir über zweihundert Menschen. Was die Erfahrungen, die Geschwisterlichkeit, die Verwurzelung im SEIN, also die "Atmosphäre" der Werkstatt Spiritualität über all die Jahre ausgemacht hatte, war ganz präsent: Wir meditierten, wir vergegenwärtigten uns unsere und Lydias Erfahrungen und wir sangen die vertrauten "Lieder des Herzens", - vierstimmig und angeleitet nur von Anneliese Irnichs Flöte. Das Licht in und hinter allem SEIN schimmerte durch unsere Formen hindurch. Wer mag, kann noch in die Texte von damals hineinschauen.

>>Die Texte von damals

 

 

Das neue "Gesicht" der Werkstatt Spiritualität

 

Bis zum Zeitpunkt von Lydias Tod bestand das Zentrum der Werkstatt Spiritualität aus uns als Paar. Ideen entstanden am Esstisch, Planungen und Vorbereitungen besprachen wir auf kürzestem "Dienstweg". Und inhaltlich konnten wir mit unseren Schwerpunkten fast alles abdecken, was nötig war. Nur manchmal – insbesondere für musikalische Elemente  –  kamen Ressource-Personen von außen hinzu. Das änderte sich jetzt natürlich. Und es war eine erstaunliche Erfahrung: Die Ressourcen für alles, was nötig war, waren im Umfeld der Werkstatt vorhanden. Teilnehmerinnen aus unserem engeren Umfeld übernahmen Lydias Part, ihre Kreistänze, ihre Gebärden, ihre Rolle als Ko-Leiterin.  Wir boten wie zuvor eine Seminarreise nach Sant Atnimo an. Ellen Schwarz-Wiegert übernahm die Ko-Leitung. Wir boten weiterhin die Seminarsequenz zur Einführung in Energiearbeit an. Katja Teichert übernahm darinnen die Anleitung von Gebärde, Bewegung und Tanz, wie sie es zuvor auch schon aushilfsweise getan hatte. Für die Jahresgruppe Spiritualität übernahm Ursula Steiner die Ko-Leitung. So waren die unmittelbar auftretenden Notwendigkeiten abgedeckt.

In dieser ersten Phase nach Lydias Tod blieben die "Formate" unserer Angebote zunächst die gleichen wie bisher. Im Laufe der Zeit brachten dann die Partner und Partnerinnen zunehmend Inhalte und Arbeitsformen aus ihrem eigenen Potential ein. In einem lebendigen Prozess kamen neue Formen und Inhalte hinzu und fielen alte weg. 

 

 

Fünf Akteure 

 

Seit dieser Zeit besteht das Zentrum der Werkstatt Spiritualität also aus einem Team von vier oder fünf Personen. Ich selbst bin vollberuflich engagiert. Leitung, Koordination und der Hauptteil der technischen Arbeiten liegen in meiner Hand. Die anderen arbeiten neben ihren Berufen in den jeweiligen Projekten mit. Gelegentlich treffen wir uns im ganzen Team und besprechen Erfahrungen und Perspektiven. Die konkrete Planung und Vorbereitung der einzelnen Vorhaben geschieht in bilateralen Gesprächen zwischen mir und der Person, die jeweils das konkrete Vorhaben mit verantwortet. Ganz gelegentlich sind wir mit mehreren Personen an einem Vorhaben engagiert, zurzeit zu viert an dem sommerlich, meditativen Fest in Zarrentin am 21. Juni 2014. 

>>Das Team der Werkstatt Spiritualität

 

 

Nachtrag 1: Die Zeit in den Philippinen und ihre Bedeutung

 

Von 1981 bis 1983 habe ich am Third World Forum in Davao City im Süden der Philippinen mitgearbeitet. Es war ein kleines philippinisches Institut für politische Erwachsenenbildung, das die Themen der sozialen Bewegung (Anti-Marcos-Bewegung) im Bereich der "Professionals", d.h. der Studenten, Rechtsanwälte, Ärzte etc., öffentlich zur Diskussion brachte. Meine Mitarbeit war ein Auftrag - finanziert von Dienste in Übersee - mit einer doppelten Perspektive: Zwei Jahre Arbeit im Kontext der sozialen Bewegung der Philippinen; danach zwei Jahre an einer hiesigen Institution für Erwachsenenbildung, so dass die philippinischen Erfahrungen in die hiesige entwicklungspolitische und interkulturelle Bildungsarbeit würden einfließen können. 

 

Nachtrag 1 wird fortgesetzt

 

 

Weitere Baustellen-Elemente:

 

--> Rückblick auf die Veränderungen der Inhalte der Werkstatt Spiritualität von den Anfängen bis jetzt

--> Was liegt vor den Anfängen der Werkstatt Spiritualität und vor den Philippinen?