Die Wirkmacht von archetypischen Bildern

 

1. Das gleißende, schwer erträgliche Licht 

Ein Fallbeispiel aus unserer Seminararbeit in 2025. Das setting der Übung: Ein Klient, ein Coach, eine Person in der Rolle der Zeugin 

Der Teilnehmer hatte eine alte Dame ins Krankenhaus begleitet und erlebt, wie sie von Station zu Station verwiesen wurde, ewig hingehalten. Seine Empörung über diesen Vorgang war noch in ihm und parallel dazu die Empfindung, dass er selbst hoffnungslos versagt habe. Im Coaching-Prozess entstanden in ihm zwei Bilder. Eigentlich waren es zwei Träume. Im ersten erlebte er sich verloren im Chaos eines Raumes, in dem Tische und Stühle und überhaupt alles durcheinander gefegt waren. Nur weg aus diesem Raum war als Impuls in ihm. Er blieb. Im Zuge der Zeit räumte sich das Chaos bzw. räumte er das Chaos auf. Dann wechselte das Bild. Es erschien ein gleißendes, schwer erträgliches Licht, zu Anfang noch etwas abgedämpft durch einen Vorhang. Wieder war sein Wunsch: Nur weg von hier.

Der Coach ermutigte ihn, das Licht auszuhalten. Er hielt es aus. Und seine innere Lage verwandelte sich langsam. Am Ende waren Zorn und Versagensgefühl verschwunden. Am Ende war er innerlich ausgeglichen. Er konstatierte sachlich: Ich habe getan, was ich konnte.

Was ist da in der Klienten-Person geschehen? Bzw. wie kann es gelingen, solche Traumbilder zu verstehen? C. G. Jung hat dazu den Begriff „Amplifikation“ geprägt: Man schaut und sammelt, wo das Motiv sonst noch auftaucht. Und aus der Erweiterung ergibt sich ein Verständnis. ChatGPT hat uns zu unserem Motiv eine Zusammenstellung gemacht, die ich unten noch anfüge, und fasst zusammen:

(Zitat ausChatGPT:) „Das gleißende, schwer erträgliche Licht ist ein archetypisches Motiv, das in Mythen, Religionen, Kunst und Märchen häufig als Offenbarung des Numinosen (C. G. Jung) oder als Epiphanie erscheint – also als Begegnung mit einer übermenschlichen oder transzendenten Wirklichkeit.

Das gleißende Licht symbolisiert:

  • Das Selbst – die Ganzheit der Psyche, das göttliche Zentrum.
  • Bewusstseinserweiterung, die das Ich zunächst überfordert.
  • Individuation als schmerzhafter Prozess des Erleuchtens.

Jung schreibt (sinngemäß, Aion, §44): Das Licht ist das Symbol des Bewusstseins, doch das Licht des Selbst ist von solcher Intensität, dass das Ich es nur in gedämpfter Form ertragen kann.“ (Ende Zitat ChatGPT)

Aus beiden Szenen will der Teilnehmer eigentlich weg. Der Prozess in ihm war also, dass das Selbst die Betroffenheit des Egos auflösen wollte und auflöste. Dazu war unabdingbar und wichtig, das Unbehagen auszuhalten.

 

2. Die Amplifikation und Zusammenfassung, die ChatGPT für uns gemacht hatte: 

(Zitat ChatGPT:) Das „gleißende, schwer erträgliche Licht“ ist ein archetypisches Motiv, das in Mythen, Religionen, Kunst und Märchen häufig als Offenbarung des Numinosen (C. G. Jung) oder als Epiphanie erscheint – also als Begegnung mit einer übermenschlichen oder transzendenten Wirklichkeit.

Ich zeige dir Beispiele aus drei Bereichen – Mythos, Kunst, und Märchen –, jeweils mit kurzer Deutung im Sinne der jung’schen „amplificatio“.

 

Mythen

  • Moses und der brennende Dornbusch (Exodus 3,2–6)
  • Das Licht: Flamme, die brennt, ohne zu verzehren.
  • Reaktion: Moses verhüllt sein Angesicht – er kann das Licht (die göttliche Gegenwart) nicht ertragen.
  • Deutung: Begegnung mit dem Selbst, dem göttlichen Zentrum der Psyche; das Licht ist zu stark für das Ich.

 

  • Apollon als Gott des Lichts
  • Apollon wird oft mit blendender Helligkeit beschrieben; Sterbliche können seinen Anblick nicht ertragen.
  • Deutung: Das „solare“ Prinzip – Bewusstsein, Erkenntnis, Klarheit – kann zerstörerisch wirken, wenn es zu plötzlich auftritt.

 

  • Paulus’ Bekehrung vor Damaskus (Apg. 9,3–9)
  • Das Licht: Ein himmlisches Licht blendet ihn, er fällt zu Boden und erblindet.
  • Deutung: Das Bewusstsein wird überwältigt vom göttlichen Archetypus – der alte Blick (alte Identität) stirbt, bevor ein neuer entstehen kann.
 
  • Platonische Höhlengleichnis
  • Der Mensch, der aus der Höhle ans Licht tritt, kann den Glanz der Sonne zunächst nicht ertragen.
  • Deutung: Übergang vom Unbewussten ins Bewusstsein – das Licht der Erkenntnis ist zunächst schmerzhaft.

 

Kunst

  • Caravaggio – „Die Bekehrung des Paulus“ (1600–1601)
  • Das blendende Licht Gottes, das den Reiter zu Boden wirft, dramatisch im Chiaroscuro dargestellt.
  • Deutung: Das göttliche Licht stürzt das Ego aus seiner Position – Transformation durch Krise.

 

  • William Blake – „The Ancient of Days“ (1794)
  • Der Schöpfer als gleißend leuchtende Gestalt, umgeben von Strahlen, die kaum erträglich scheinen.
  • Deutung: Das schöpferische Prinzip als überirdische, zugleich schöpferische und bedrohliche Energie.

 

  • Rembrandt – Spätwerke (Selbstporträts)
  • Die Lichtquelle ist intensiv, beinahe überirdisch, während die Figur sich in ihr aufzulösen scheint.
  • Deutung: Der Mensch konfrontiert sich mit dem transzendenten Ursprung seines eigenen Lichts – das „Selbst“.

 

Märchen und Volksüberlieferung

  • „Die Gänsemagd“ (Grimms Märchen)
  • Das sprechende Pferd Falada besitzt ein „strahlendes Haupt“ – Symbol für das erleuchtete, weise Selbst.
  • Das Mädchen muss den Anblick des Hauptes ertragen lernen.
  • Deutung: Auseinandersetzung mit der eigenen wahren Natur, die zunächst unheimlich und überwältigend ist.

 

  • „Der Eisenhans“ (Grimms Märchen)
  • Am Ende erscheint der Eisenhans als „goldener Mann“, dessen Lichtglanz kaum erträglich ist.
  • Deutung: Das wilde, unbewusste Selbst enthüllt sich in seiner göttlichen, goldenen Form – die Integration der unbewussten Kräfte.
 
  • „Die Schneekönigin“ (Andersen)
  • Das Licht und die Kälte der Schneekönigin sind blendend und unnahbar.
  • Deutung: Archetyp der Anima in ihrer transzendenten, überbewussten Form – das Ich friert vor dem Übermaß an Geist.

 

Zusammenfassend (jungianisch gesprochen):

Das „gleißende Licht“ symbolisiert:

  • Das Selbst – die Ganzheit der Psyche, das göttliche Zentrum.
  • Bewusstseinserweiterung, die das Ich zunächst überfordert.
  • Individuation als schmerzhafter Prozess des Erleuchtens.

Jung schreibt (sinngemäß, Aion, §44):

„Das Licht ist das Symbol des Bewusstseins, doch das Licht des Selbst ist von solcher Intensität, dass das Ich es nur in gedämpfter Form ertragen kann.“  (Ende Zitat ChatGPT)

 

 

3. Fallgruben zu Brunnen und Schlammlöcher zu Schatzhöhlen

Dieses ist ein von mir 2007 veröffentlichter Aufsatz, eine Beschreibung und Reflektion von Fallbeispielen aus meiner Praxis des Spirituellen Coachings.  Veröffentlicht in der Zeitschrift: Transpersonale Psychologie und Psychotherapie. Wissenschaft des Bewusstseins 2/2007. Via Nova Verlag 

Den Text finden Sie hier

 

 

Zurück zur Hauptseite