Leid und Heilung - Leserzuschrift und Antwort

Leserzuschrift zu dem Aufsatz: Leid und Heilung in der Erfahrung der Mystik

 

Sehr geehrter Herr Schmidt,

 

Ihr Beitrag "Leid und Heilung in der Erfahrung der Mystik" in "Transpersonale Psychologie und Psychotherapie" war mir der schönste, wertvollste in Heft 1/2007. Von Ihren einfachen, doch tiefen, offenbar auf Erleben (nicht auf Grübeln) beruhenden Worten habe ich mich gerne berühren lassen. Mit schlichtenen Worten reden Sie über große Wahrheiten.


Und diese Wärme erinnerte mich an die vergleichsweise harten Worte "algorithmische Präsenz, pathische Präsenz, nonduale Präsenz" auf den Seiten 18 und 19. Für die Ihren danke ich Ihnen herzlich! Auch Meister Eckhardt sagt mir was.


Was Meditation wohl meint, darüber rätsle ich. Nun habe ich eine gewisse Hoffnung geschenkt bekommen. Ihre Meditation "Berührt werden vom Licht" hat mich an Hetty Draayer erinnert.


Und Zitate wie "Ich bin das Licht der Welt" tun gut. Sie kommen mir vor wie Schlüsselsätze der biblischen Offenbarung. Dazu zähle ich z.B. auch "Ich bin der Herr, dein Arzt" (Exodus 15, 26), "Ich bin der Herr, dein Lehrer", (Jesaja 30, 20), "Alles kann, wer glaubt", (Markus 9, 23), "Es ist gut, dass wir hier sind" (Joh. 9, 33).


"Es ist gut, dass wir hier (auf dieser Erde) sind", beschäftigt mich. Wozu hat Gott diese Erde und uns Menschen unvollkommen erschaffen? So kommt es mir jedenfalls vor. Damit wir lernen können? Haben Sie dazu eine Intuition? Falls Sie mir gelegentlich dazu etwas sagen mögen, würde ich mich sehr freuen.


Mit herzlichen Grüßen


Joachim Gauchel

 

 

Antwort

 

Sehr geehrter Herr Gauchel!


Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Kommentar zu meinem Aufsatz in Transpersonale Psychologie. Ich freue mich, dass Sie sich haben berühren lassen. Mir selbst geht dies auch so. Wenn eine Sitzung mit Seelsorge-Klient/innen diese Ebene erreicht, die ich in dem Aufsatz zu beschrieben versuchte, dann bin ich selbst auch berührt und voller Staunen.


Was Ihre Frage angeht, warum Gott uns und die Erde unvollkommen geschaffen hat, so tue ich mich mit einer Antwort schwer. Ich glaube, es gibt auf der Ebene der Logik keine Antwort. Auch so eine wie "Wir sind auf dieser Erde, um etwas zu lernen" ist für mich unbefriedigend und ich lege sie als eine zu einfache und im Kern darum auch unzureichende Tröstung ab. Ich fühle mich von dieser Antwort und ähnlichen anderen auch weder wirklich zureichend getröstet noch getragen. Ich glaube, wir müssen es einfach aushalten, dass es auf der Ebene, wo der Verstand nach einer tröstenden Antwort sucht, einfach keine gibt. Auf der Ebene der Meditation gibt es sie. Sie kennen Hetty Draayer. Ihre Anleitungen führen uns auf eine tiefere Ebene unserer Existenz (tiefer oder höher als der Verstand bzw. die Welt der Logik) und lassen uns eintauchen in den "Strom des Lebens", wie ich die Dimension der Tiefe oft zu nennen pflege. Auf dieser Ebene kann es geschehen, dass man ganz getröstet und ganz getragen ist. Die Warum-Frage ist dann erledigt. Es gibt sie dort nicht mehr als eine sinnvolle Frage, weil die erlebte "Tiefe" größer ist als die Frage. Ich glaube, dass man dort die "Wahrheit" berührt, die gemeint ist mit "Der Geist wird euch in alle Wahrheit leiten". Wenn ich die schönen Worte lese, die Sie aus der Bibel zitieren und von denen Sie sagen, dass sie sie tief berühren, dann denke ich, dass wir bei diesem "Berührt werden" von der gleichen Sache reden. Es ist tröstend, einzuschwingen auf die Atmosphäre, die ausgeht von einem Satz wie "Es ist gut, dass wir hier sind". 


Sagt Ihnen das etwas?


Wenn Sie in dieser Richtung ein paar Anregungen mehr lesen wollen, könnten Sie sich vielleicht auf unserer Webseite etwas ansehen (www.spiritu.de). Der Vortrag von Anselm Grün "Die heilende Kraft der Meditation" war und ist für unsere Arbeit wichtig. Er ist auf der Webseite unter "Beiträge" zu finden. Und eine weitere wichtige Station auf meinem eigenen Weg war die Beschäftigung mit Karlfried Graf Dürckheim. Wir haben dazu Meditationsabende veranstaltet. Die Inhalte der einzelnen Abende sind auf der Webseite festgehalten. Die Reihe hieß: "Meditation und Meditationstheorie (nach Karlfried Graf Dürckheim)", zu finden auf der Seite "Veranstaltungen" unten unter "Frühere Veranstaltungen". Sie fand 2005 statt.


Soviel von meiner Seite.
Ich hoffe, Sie können mit meinen Zeilen etwas anfangen. Ich danke noch einmal herzlich. 
Ihr
P. Volker Schmidt